WAG Loop: Wir brauchen raschen West-Ost-Ausbau!

Gas Connect Austria entwickelt vielversprechende Projekte für neue Transportrouten. Ein Beispiel ist die West-Austria-Gasleitung. Das Projekt WAG Loop kann die Versorgungssicherheit signifikant erhöhen und in Zukunft den Transport großer Mengen an Wasserstoff ermöglichen.

© Rene Knabl
Projekte wie der Ausbau der West-Austria-Gasleitung in Österreich tragen zur sicheren Versorgung ganz Europas bei.

Wie können wir uns auf ausbleibende Gaslieferungen aus Russland vorbereiten? Wie ermöglichen wir die Zufuhr von Gas aus europäischen Märkten? Und wie machen wir unser Land fit für die Energiezukunft? Ein Teil der Lösung sind neue Transportrouten. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Projekt WAG Loop. Seine Umsetzung würde die Kapazität der West-Austria-Gasleitung (WAG) um mehr als zwei Drittel erhöhen und den gleichzeitigen Transport von Erdgas und Wasserstoff erlauben.

Versorgung für die Zukunft sichern

Mit dem Lückenschluss der gesamten noch fehlenden 100 Kilometer hätte die WAG in Zukunft zwei durchgehende, parallel geführte („geloopte“) Leitungsstränge. Die Erweiterung könnte mittelfristig Engpässe ausgleichen, wenn russisches Gas ausbleibt und könnte auch in Stufen vorgenommen werden. „Wir brauchen einen Ausbau der West-Ost-Kapazitäten – und zwar so rasch wie möglich. Jeder Tag, den wir in Österreich weiter zuwarten, kann uns in einer Gasmangellage später Probleme bereiten“, betont Harald Stindl, Geschäftsführer von Gas Connect Austria (GCA). Denn aufgrund der vielen erforderlichen Schritte – vom Wegerecht bis zur Umweltverträglichkeitsprüfung – kann die Umsetzung ohne gesetzliche Erleichterungen mehrere Jahre dauern.

Der kürzlich veröffentlichte Jahresausblick der ENTSOG zur Gasversorgung 2022/23 untermauert die Notwendigkeit des Projekts. Darin bekräftigt der Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas die wesentliche Rolle der Gasinfrastruktur für die sichere Energieversorgung in Europa. Für den Bericht wurde zum Erstellungszeitpunkt angenommen, dass vom 1. Juli bis 1. September 2022 kein Gas aus Russland fließt. Die Folgen wären gravierend: Die meisten europäischen Gasspeicher wären bereits im Winter 2022/23 erschöpft. Und auch im Sommer 2023 würden es viele europäische Länder nicht schaffen, die Gasspeicher für den folgenden Winter ausreichend zu füllen. Als Gegenmaßnahme empfiehlt die ENTSOG unter anderem den Ausbau der europäischen Transportkapazitäten.

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Schon heute fließen 5 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich durch die Messstation Oberkappel an der österreichisch-deutschen Grenze. Künftig könnten es über zwei Drittel mehr sein.

Mehr LNG aus Europa

Durch den Ausbau der West-Austria-Gasleitung und vorgelagerter Netze wäre die verstärkte Versorgung Österreichs mit LNG (liquefied natural gas = verflüssigtes Erdgas) möglich – sowohl durch in Nordwesteuropa anlandendes LNG als auch durch Nordseegas über Deutschland. Mit den bestehenden LNG-Terminals in Nordwesteuropa und der geplanten Errichtung von LNG-Terminals in Deutschland 2023 gibt es mittelfristig großes Potenzial dafür.

Dazu kommt: Der WAG Loop käme auch dem gestiegenen Interesse an der Gasbeförderung von Deutschland nach Österreich entgegen. Bei den letzten Auktionen für Transportkapazitäten im Juli und August 2022 gab es eine sehr hohe Nachfrage an den Einspeisepunkten Oberkappel und Überackern. „Derzeit sind die Kapazitäten der West-Austria-Gasleitung bereits ausgeschöpft, die Nachfrage übersteigt das Angebot um ein Vielfaches“, sagt Stefan Königshofer, Leiter der Abteilung Sales Transmission & Distribution bei Gas Connect Austria. Auch von Österreich in Richtung Ungarn sind die Kapazitäten stark nachgefragt und bereits gut gebucht.


Das bringt der WAG Loop

  • Von 0,94 auf 1,6 Mio. m³/h erhöhen sich die Transportkapazitäten West-Ost
  • Das ist ein Plus von 5,78 Mrd. m³/Jahr bei 100% Auslastung.
  • Das entspricht 64,70 TWh Energie
Ausbau der Gasleitungen drängt

Der marktgerechte Ausbau des Leitungsnetzes ist eine wichtige Aufgabe von Gas Connect Austria. Auf Basis der gemeldeten Marktnachfrage erstellt GCA jährlich einen Netzentwicklungsplan (siehe Verordnung (EU) 2017/459). Doch angesichts der geopolitischen Unsicherheiten sowie der europäischen Klimaschutzvorgaben scheuen sich viele Abnehmer:innen derzeit vor verbindlichen Zusagen für neu zu schaffende Kapazitäten. Deshalb ist jetzt die Politik gefordert, im Sinne der Versorgungssicherheit, umgehend zu handeln. „Das Gasnetz muss rasch ausgebaut werden. Es gilt, die ausbleibende Marktnachfrage durch staatliche Förderungen oder Buchungen öffentlicher Organisationen auszugleichen und so die Umsetzung dringend notwendiger Projekte zu ermöglichen“, appelliert Harald Stindl.

Eine wesentliche Voraussetzung ist die Aufnahme österreichischer Gasinfrastrukturprojekte auf europäischer Ebene – etwa im Rahmen von REPowerEU oder als Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Project of Common Interest, kurz: PCI). Das würde den Weg für EU-Förderungen ebnen. Aber auch Österreich sollte solche Projekte unterstützen, etwa durch Förderungen oder Rückgewinnungsgarantien für eingesetztes Kapital.

Ausblick: Energiewende und Wasserstoff

Selbst bei sinkendem Erdgasbedarf und weiteren REPowerEU-Maßnahmen wird in den nächsten zwei Jahrzehnten ein Ausbau der Transportrouten notwendig sein. Durch die Zunahme von Wind- und Sonnenkraft wird die Stromerzeugung immer volatiler. Erdgas kann bei Wetterschwankungen Verbrauchsspitzen abfedern und überschüssige erneuerbare Energie speichern. Daher wird Gas auch in Zukunft eine wesentliche Rolle für die sichere Stromversorgung spielen. Das erfordert eine entsprechende Infrastruktur – und dabei spielt die West-Austria Gasleitung eine bedeutende Rolle.
Die Umsetzung des WAG Loop ebnet zudem den Weg für den Transport von grünem Wasserstoff in größeren Mengen. Über das dann parallele Leitungssystem wären Erdgas und Wasserstoff gleichzeitig im Netz transportierbar. So könnte Wasserstoff – beispielsweise aus Nordafrika über Italien beziehungsweise Rumänien oder die Ukraine – nach Österreich gebracht und von hier in weitere Märkte wie Süddeutschland verteilt werden. Das schafft die Basis für die im European Hydrogen Backbone vorgesehenen Wasserstoff-Transportkorridore. Zudem wäre so auch eine Versorgung der Industrie im Großraum Linz sowie der Raffinerie Schwechat mit erneuerbarer Energie möglich.


Das Projekt WAG Loop

Die seit 1980 betriebene WAG ist eine der wichtigsten Ferngasleitungen in Österreich. Sie verläuft auf 245 Kilometern Länge von der Grenze zur Slowakei im Osten bis zur Grenze nach Deutschland im Westen. Die WAG besteht aus einer durchgängigen Gasleitung und einer weiteren, großteils parallel verlaufenden („geloopten“) Leitung. Beide Stränge werden bidirektional betrieben. Das Projekt WAG Loop sieht die Ergänzung der noch fehlenden rund 100 Kilometer der parallelen Leitung vor.