Gasversorgung auf neuen Wegen

Woher kommt unser Gas? Wie steht es um die Versorgungssicherheit? Und welche Pläne gibt es für Engpässe? Lesen Sie mehr über die aktuelle Lage am europäischen Gasmarkt und wie sich Gas Connect Austria für die Zukunft rüstet.

© AdobeStock

Als zentrale Drehscheibe im Herzen Europas leistet Gas Connect Austria einen wesentlichen Beitrag für die Erdgasversorgung des Kontinents. Mit Beginn der Ukrainekrise haben sich die Rahmenbedingungen entscheidend verändert. Neue Zugänge und vorausschauendes Handeln sind notwendig – das zeigen die Fakten.

Europäische Gasrouten im Wandel

Traditionell gibt es vier große Quellen für die europäische Gasversorgung: Russland, Nordafrika und die Nordsee sowie LNG-Importe (verflüssigtes Gas) aus Ländern wie USA oder Qatar. Letztere werden via Schiff an die Küste gebracht, dort wieder in gasförmigen Zustand umgewandelt und in die Pipeline eingespeist. Noch im Oktober 2021 bezog Europa 36 Prozent seines Gases aus Russland. Im Oktober 2022 hat sich das Bild stark gewandelt: Aus Russland kamen nur noch 9 Prozent der Lieferungen – der Anteil von Gas aus der Nordseeregion sowie Flüssiggasimporte stiegen hingegen von 26 bzw. 19 Prozent auf je über 30 Prozent (Quelle: European Gas Flow dashboard by ENTSOG).

Bereits vor der Zerstörung der Nordstream-Leitung war kein signifikanter Gasfluss mehr aus Russland durch die Nordsee nach Europa vorhanden. Auch die Leitung über Polen wurde nicht mehr benutzt. Aktuell sind noch zwei Routen aktiv: Eine führt durch die Ukraine sowie die Slowakei und mündet im niederösterreichischen Baumgarten. Die andere Route geht durch das Schwarze Meer, Bulgarien, Serbien nach Ungarn. Mehr Infos zu den täglichen Gasflüssen finden Sie hier: Daily CEE FlowChart

Die Grafik zeigt die veränderten Versorgungsströme nach Europa im Monat Oktober der Jahre 2021 und 2022 (Quelle: European Gas Flow dashboard by ENTSOG). Gaslieferungen aus der Nordsee und Flüssiggasimporte gewannen seit der Ukrainekrise stark an Bedeutung.

Gasspeicher als Vorsorge für den Winter

Österreich wurde historisch bisher von russischem Gas versorgt. Die veränderte Ausgangslage erforderte rasche strategische Maßnahmen. In Summe benötigt unser Land rund 90 Terawattstunden (TWh) Erdgas im Jahr. Typischerweise werden fast zwei Drittel davon in den sechs Wintermonaten verbraucht. Es ist daher notwendig, Gas für die kalte Jahreszeit einzuspeichern. Die österreichischen Speicher fassen ebenfalls knapp 90 TWh. Sie sind aktuell zu 94 Prozent gefüllt. Zum Vergleich: Deutschland 99%, Italien 95 und Tschechien 96 Prozent.

Die hohen Speicherstände allein sind zwar noch keine Garantie, dass dieses Gas für Österreich zu Verfügung steht. Denn die Eigentümer können ihr Gas auch anderwärtig verwenden. Jedoch hat die Bundesregierung über die Austrian Strategic Gas Storage Management (ASGM) – ein Tochterunternehmen der GCA-Tochter AGGM – mit einer Reserve von 20 TWh vorgesorgt. Auch die heimischen Energieversorger haben Gas eingespeichert. Es ist somit davon auszugehen, dass bei ähnlichen Wetterbedingungen wie in den letzten Jahren der Verbrauch im kommenden Winter gedeckt ist. Insbesondere, da im Falle einer Gasmangellage auch Gas aus Deutschland oder Italien nach Österreich transportiert werden kann.

Deutschland als wichtigste Importquelle

Für den Fall, dass kein Gas aus Russland nach Österreich gelangt, hat sich in den letzten Monaten durch den verminderten Gasfluss aus dem Osten schon gezeigt, dass Deutschland die bedeutendste Importquelle für Österreich ist. Gas Connect Austria hat aus dieser Richtung bis zu 30 Prozent über der üblichen Leistung nach Österreich transportiert. Dadurch konnte eine rasche Befüllung der Gasspeicher garantiert und die heimische Versorgungslage stabilisiert werden.

Das legt den Schluss nahe, dass obwohl Deutschland zu dieser Zeit selbst schon kein Gas mehr aus Russland erhalten hat, dennoch genügend Flüssiggas beziehungsweise Gas aus der Nordsee (Eigenproduktion der OMV) für einen Weitertransport nach Österreich zur Verfügung stand.

Struktur Gesamtenergieverbrauch 2021

Österreich ist ein Gastransitland. Es wird wesentlich mehr Gas an andere Länder weitertransportiert als selbst verbraucht. Die Grafik zeigt: Der Gasanteil am heimischen Gesamtenergieverbrauch 2021 beträgt rund ein Fünftel.

Energielenkung bei Gasmangel

Sollten Speicherkapazitäten und Importe nicht ausreichen, wird eine Energielenkung ausgerufen. Große Verbraucher:innen werden dann von der Behörde aufgefordert, ihren Gasverbrauch zu reduzieren und Industrieanlagen wie Glasschmelzen oder Hochöfen abzuschalten. Allein dadurch sollte die gespeicherte Leistung für den Rest des Marktes ausreichen. Ein besonderer Fokus liegt dabei natürlich auf der Versorgung von Gaskraftwerken, damit sichergestellt ist, dass die Stromnetze stabil bleiben.

Die Bundesländer Tirol und Vorarlberg sind in einer Sondersituation, da sie nicht mit dem gemeinhin als österreichischen Markt bezeichneten Marktgebiet Ost verbunden sind. Sie werden aus Deutschland beliefert und hängen am deutschen Netz. Die Speicherreserve sieht aber selbstverständlich auch die Versorgung dieser beiden Bundesländer vor.

Nähere Informationen zur Energielenkung finden Sie unter Energielenkung im Notfall | energie.gv.at

Gaslieferung nach Verbrauchern 2021

Die Grafik zeigt den heimischen Gasverbrauch 2021 in unterschiedlichen Sektoren. Der Löwenanteil entfällt mit 40 Prozent auf den produzierenden Bereich.

Infrastruktur ausbauen, Zukunftsenergie Wasserstoff vorantreiben

Welche Weichen gilt es jetzt für die Zukunft zu stellen? Zum einen hat Österreich rund 11 Prozent Eigenversorgung aus Gasbohrungen. Hier ist noch Steigerungsvolumen vorhanden. Zum anderen gibt es ein hohes Potenzial für grünes Gas aus Biomasse – vor allem aus der Holzvergasung, die Schadholz inkludiert. Langfristig wird Wasserstoff Erdgas ersetzen, da große Energiemengen nur thermisch gespeichert werden können. Auch der kostengünstig mögliche Transport durch bestehende Pipelines spricht für den zukunftsweisenden Energieträger.

Darüber hinaus gilt es, die vorhandene Transportinfrastruktur zu unseren Nachbarländern zu stärken. Ein wichtiges Projekt ist der Ausbau der West-Austria-Gasleitung mit dem Projekt WAG LOOP. Durch dieses kann die Leistung schrittweise von 30 auf bis zu 60 Prozent erhöht werden. Zudem wird die Pipeline fit für den parallelen Transport von grünem Gas und Wasserstoff gemacht. Mehr Informationen finden Sie hier: WAG LOOP

Projekte wie dieses sind nicht nur eine Investition in die Versorgungssicherheit, sondern auch in die klimaneutrale Energiezukunft. Als Enabler der Energiewende treibt Gas Connect Austria diese Entwicklung weiter voran.